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Köln, einige Tage später

Seit meiner Rückkehr habe ich sehr gern von meiner Reise und seinen Bedingungen berichtet, dazu gab es verschiedenste Nachfragen, auf die ich gern mit diesem letzten Post eingehe:
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Ganz besonders anstrengend beim Reisen ist das Fliegen, denn die Filme sind empfindlich. Da es ihnen nicht gut tut, mehrere Male in der Sicherheitskontrolle geröntgt zu werden, musste ich jedes Mal darauf bestehen, dass sie nicht in diese Maschine geraten. Das sorgt natürlich immer für Unmut auf der einen und aufgeriebene Nerven auf der anderen Seite. So auch beim Rückflug aus Lima, hier wartete ein besonders korrekt Arbeitender auf mich. Er hat Alle mobilisiert, die er für nötig befand, diese für ihn aussergewöhnliche Situation zu beurteilen. Besonders hat ihn irritiert, dass die Filme beim Schütteln keine Geräusche machten, ausserdem kannte er die Polaroidkassetten nicht, was ihm verdächtig erschien. Folglich kamen mehrere Personen zu Begutachtung, bis dann schliesslich ein Hund zum Beschnüffeln beordert wurde. Total desinteressiert wurde dieser immer wieder zu meinen Filmen gezerrt, ohne Ergebnis.
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Die ersten Fotografien für diese Serie habe ich 2003 in Damaskus gemacht, als die Welt dort noch in Ordnung war. Damals hatten alle Beteiligten viel Spass an den shootings, von einem shop bin ich zum nächsten weitergereicht worden. Diese sehr positive Erfahrung habe ich auch an Orten in Peru und Bolivien erleben können. Die Begeisterung hängt nach meiner Meinung auch von der Menge der Touristen ab. Sind die Menschen viele Touristen gewohnt, die sie oft ungefragt und im Vorbeigehen fotografieren, gibt es berechtigten Widerstand dagegen. Da sich die Menge an fotografierenden Touristen enorm gesteigert hat, sind die Bedingungen für meine Serie im Laufe der Jahre schwieriger geworden, die Ablehnung oder auch die Nachfrage nach Geld nimmt zu.
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«Ich will die Natur auf den Teller bringen im ganzen Reichtum, den meine Heimat bietet.»
Virgilio Martínez Véliz, Chef des Restaurants Central, Lima.
An der Serie LADENTISCHE arbeite ich seit mehr als 20 Jahren, vieles hat sich seit den Anfängen geändert, was sich allerdings nicht geändert hat, ist meine Vorliebe für gutes Essen, Essen und Nahrung bedeuten Kultur. Mir ist es wichtig, was ich esse und aus welchen Zutaten es besteht, aus dem Grund ist es naheliegend, diese Zutaten in ihren Ursprüngen auf den Märkten zu fotografieren.
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34 Filme habe ich ins Labor gebracht, je Film sind es zwischen 3 – 4 Einstellungen, manchmal mit Leerfotos … insgesamt also ca. 100 Aufnahmen.
Nun stehen zwei weitere grosse Aufgaben an: die Fotografien müssen ausgewählt, gescannt und bearbeitet werden, um sie dann auf meine Website bringen zu können, ausserdem will jetzt ein Ausstellungsort gefunden und die Bilder gezeigt werden.
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Hier ein erstes Ergebnis:
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Banenverkäuferin, in Nauta am Amazonas, Peru

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Ich werde immer wieder danach gefragt, wo ich meine Kontaktpersonen kennengelernt habe: das war der Punkt, an dem ich im Vorfeld mit am meisten arbeitete, nämlich je Ort mindestens einen Kontakt zu haben, der für mich ansprechbar ist. Mit Roberto in Cusco hatte ich schon von Deutschland aus mehrere Male telefoniert, in La Paz hatte ich über zwei Kanäle zwei Personen, Damian habe ich über das Goethe-Institut kennengelernt. In Iquitos standen mir drei Frauen zur Verfügung, so auch Rosa. Ohne die Hilfe dieser Locals hätte ich in dem Tempo nicht arbeiten können, sie waren alle eine grosse Hilfe, mit denen es viel Spass gemacht hat zu arbeiten. Auch sie hätten gelernt, haben sie mir bestätigt.
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Einer der schönsten Momente beim Fotografieren ist jener kurz vor dem Auslösen. Ich zähle dazu bis drei, damit die Portraitierten wissen, wann ich auslösen werde. Dieser Moment fordert natürlich eine gewissen Konzentration, die Portraitierten dürfen sich nicht bewegen und auch sonst niemand ins Bild laufen. Das Zählen ist mit einem gewissen räumlichen Abstand entsprechend laut. Das erzeugt eine Kontemplation bei uns, die wir mit der Aufnahme beschäftigt sind, aber auch bei allen Zuschauer:innen. Diese Gesamtsituation führt so für einen kurzen Moment zu einem scheinbaren Stillstand des Marktlebens.
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Dann kam noch die Nachfrage nach meinen Schuhen: sie waren nicht gut repariert …
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Sechs Wochen, sehr lang und gleichzeitig kurz. Es war eine fantastische Zeit
und auch erfolgreich, ich konnte sehr viele Situationen finden und fotografieren.
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Abschliessend gilt mein Dank der Stiftung Kulturwerk,
ohne deren Förderung diese Reise nicht hätte stattfinden können.

5 Kommentare

  1. Heike Heike

    Endlich wieder News von Deinem Blog. Ich habe schon ein paar Mal vergeblich nachgeschaut, denn ich hatte Gefallen gefunden an dieser Art Austausch mit Dir.

    Die Geschichte mit der Flughafenkontrolle ist sehr komisch, im Nachhinein zumindest, vertraut auch, denn ich erlebe immer wieder Ähnliches mit meinen Messgeräten, so dass ich mir auch den extremen Stress gut vorstellen kann.

    Und endlich…un, dos, tres…ein erstes Shop-Bild! GROSSARTIG!

  2. Anke Anke

    Liebe Anja,
    Ich habe es auch sehr genossen dir zu folgen und quasi dabei zu sein, auf deiner Reise in schwindeleregenden Höhen und heißen Tiefen…
    Bin gespannt auf die Fotos, vielleicht kommen die ja mal in einer Ausstellung nach Leipzig?
    Liebe Grüße und einen tollen Start in ein ebenso aufregendes Jahr 2024 – wahrscheinlich sehen wir uns 😉, Anke

  3. Günter Günter

    Liebe Anja,
    Ich kann mich für dich freuen. Deine konsequente Idee, die du verfolgst, bewundere ich. Du weißt ja, ich bin nicht so sehr der Konzept-Fotograf. Aber manchmal gelingt mir auch ein singulares Foto, das mich zufrieden stimmt, vor allem, wenn viel Anja zu erkennen ist. In der besten Erinnerung habe ich immer noch an deine Ich-Serie, Anja + Architektur.
    Weiterhinviel Erfolg
    Wünscht dir Günter.

  4. Daniel Daniel

    Liebe Anja, Danke, dass Du uns mit deinen Fotos und Erzählungen auf diese besondere Reise mitgenommen hast. Viele Grüße Daniel

  5. Hermann Schäfer Hermann Schäfer

    Sehr beeindruckend!!
    Herzlichen Glückwunsch, liebe Anja!
    HS

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